TEDxBern

Letzte Woche hat im BrainGym der Swisscom die TED-Satellitenkonferenz TEDxBern stattgefunden. Herbeigerufen von Berner Internetprominenz hatte eine mittelgrosse Gruppe von ZuschauerInnen die Gelegenheit, Inputs aus verschiedensten Richtungen zu bekommen.

Die Vorträge (teilweise fast Performances) und die Moderation waren grösstenteils in Dialekt gehalten (teilweise in schampar komischen :)), was von mir aus mit zu den Highlights des gelungenen Abends zählte. Am letzten TEDx, das ich in Zürich besucht habe [1], waren vor allem die Moderationen in Englisch teilweise etwas gar gesucht und von mir aus gesehen unnötig in Fremdsprache.

Analog zu den Kurzkritiken, die Christian immer wieder grossartig macht, versuche ich hier die Talks kurz zusammenzufassen (einfach deutlich weniger prägnant, halt einfach so, was mir geblieben ist). Wenn ich’s richtig mitbekommen habe, sollten auch die Vorträge aus Bern auf dem TED youtube-Kanal landen, ansonsten werde ich – sofern ich das mitbekomme – hier die Links posten.

  • Blackyard: Die vier kongenialen Graphiker aus der Matte rotierten vor vier Flipcharts und zeichneten mit sattelfesten Strichen 4 wirre und geile Illustrationen live vor Publikum. Bei jeder Rotation einen Schritt zurück machend stürzten sie sich jeweils wieder auf die Vorlage ihrer Mitzeichner und zeigten, wie sie im Ateilie Ideenfindung betreiben.
  • Ben Hüter machte wahrscheinlich den TEDigsten Talk, schlug mit gekonnten Umwegen und witzig 9 Thesen zum Schulsystem an die Kirchentür, bzw. projizierte diese an die Wand.
  • Steff la Cheffe zeigte den langsamen Bernern, dass mit 3 einfachen Wörtern ausgewachsene Soundlandschaften entstehen können. Musikalische Untermalung der Extraklasse
  • Elham Manea entschuldigte sich in Ihrem Vortrag, dass Sie zu emotional wurde. Gerade das zeigte mir aber, dass sie mit Leib und Seele an einer Lösung der von ihr vorgestellten Probleme von Parallel-Gesellschaften in unserer Mitte interessiert ist. Die Grandiosität ihrers Vortrag wurde leider von den schuderhaft akademischen Folien getrübt.
  • Renato Kaiser erzählte aus der Selbsthilfegruppe der Anonymen Ostschweizer. Und dies so gut, dass ich vor dem Zubettgehen (wie übrigens ein paar andere Besucher) sein Buch vorbestellt, bzw. in neudeutsch mit-gecrowd-fundet habe.
  • Sarah Joan Moran hat etwas über eine neue Theorie der Individualität vorgestellt. Leider alles abgelesen und etwas uninspiriert.
  • Thomas Binggeli, der Thömus-Thömu und Firmenchef von BMC erklärte, wie er in jungen Jahren die Kühe seiner Eltern verkaufte und daraus das mittlerweile beachtenswerte Thömus-Imperium wurde. Im ersten Teil der prototypische und gelungene TED-Talk, am Ende verkam der Vortrag dann etwas zu einer Werbeveranstaltung. Nichtsdestotrotz merkte mann, dass Thömu mit Herz und Seele hinter dem steckt, was er macht.
  • Remo Läng steckt genauso hinter seinem Projekt. Er ist als erste mit seinem Wingsuit über die Alpen geflogen. Er erzählte frei von der Leber weg und so begeistert, dass sich wohl einige überlegen, ob in ihrem Leben noch ein weiteres Hobby Platz hat.
  • Roman Tschäppeler and Mikael Krogerus erklärten in wenigen Strichen sehr witzig die Welt. Ganz entfernt an Indexes angelehnt, im realen Leben von zwei witzigen Menschen vorgetragen aber noch viel lustiger.

Auch wenn ich mir noch einen klassisch nerdig-wissenschaftlichen Vortrag im Lineup gewünscht hätte, fand ich den ganzen Abend gelungen. Nicht zuletzt, weil es in der Pause und nach den Vorträgen noch richtig genug Zeit gab, um mit alten und neuen Bekannten ausgiebig zu plaudern. Fazit: Ich freue mich auf die nächste Aufgabe und nehme mir vor privat auch noch zwei-drei Herzblutprojekte zu starten :)

[1]: Dieses Jahr wurde meine “Bewerbung” als Zuschauer abgelehnt, was mich gar nicht so traurig macht. Letztes Jahr hat’s in Zürich viel zu viele Socialmedia-Berater und zuwenige Nerds im Publikum gehabt.

TEDxZurich: Rückblick (quasi Liveblogging) [update]

Gestern hat in Zürich die TEDSatellitenkonferenz TEDxZurich stattgefunden, ich habe die Ehre gehabt, als einer von ca. 200 Teilnehmern dabeizusein und einige inspirierende Vorträge zu hören. Ich habe (ausser dem Telefon und der Kamera) bewusst jede Konnektivität zuhause gelassen, um nicht in die Versuchung zu kommen, während den Vorträgen live irgendwelchen Brimborium abzusondern, stattdessen wollte ich mich möglichst ganz auf die Vorträge konzentrieren [1]. Wie Kusito nämlich korrekt bemerkte, gab es schon zuviele, die ihre Multitasking-fähigkeiten etwas gar stark ausreizten:

Stattdessen habe ich während den Vorträgen Gedanken in meinem Moleskine-Notizbuch festgehalten. Die Notizen sind – als Quasi-Liveblogging – unten als Galerie eingebunden, oder können in einem Rutsch als TEDxZurich-RückblicksPDF heruntergeladen werden.

Hier im speziellen noch ein paar Gedanken zu den einzelnen Vorträgen und Vortragenden, teilweise auch mit etwas harscher Kritik. Dies sind aber meine Gedanken, die jetzt etwas mehr als 24 Stunden reifen konnten.

Edgar Flaisch zeigte zwei interessante und angewandte Beispiele, wie mit benutzerangepasster IT eine Verhaltensänderung der Nutzer erreicht werden kann, was am Beispiel von Velix zu einer Energieersparnis von 3.6% geführt hat. Tönt nach wenig, aber macht zusätzlich für die Benutzer noch Spass. Eine einfache Möglichkeit, eine echte Win-Win-Situation zu erzeugen. Jef Koh begann seinen Vortrag mit der Aussage: “Our research might seem silly”, hat aber vielleicht die Zukunft des Interface-Designs vorgestellt. Am Mixed Reality Lab forscht er als Doktorand an flüssigen (ja, wirklich flüssigen) Eingabegeräten. In einer Pause hatte ich kurz die Gelegenheit mit Jef persönlich zu sprechen und bin inspiriert von den Möglichkeiten, welche die Projekte aus seinem Labor bieten können, auch wenn einige davon auf den ersten Blick etwas doof wirken.

Robin Cornelius war sich nicht zu schade, auf der Bühne den Affen zu machen und hat einen engagierten Vortrag gezeigt, bei Nicola Forster war ich mir nicht sicher, ob er beim erwähnten Coaching der TEDxZurich-Sprecher und -Sprecherinnen mitgemacht hat. Bei James Gruntz habe ich mir aufgeschrieben, dass der Modetrend der Saison für die Herren wohl “Halstuch” lauten muss und David Bauer ist seit der 78s-Geschichte bei mir sowieso untendurch. Karen Tse berichtete in einem ebenso emotionalen wie emotional berührenden Vortrag über die Folter im asiatischen Raum. Dieser Vortrag zeigte mir mal wieder was für eine unsägliche Grännerei westliche Fuck My Life-Stories sind. Seid glücklich nur solche Probleme zu haben! Sehr berührend war dann auch das anschliessende Geburtstagsgeschenk an Karen Tse, ein Geburtstagsständchen aller Teilnehmenden unter der videographischen Anleitung von Benjamin Zander, der unter anderem auch noch erzählte, wie mensch auf Herausforderungen reagieren kann: mit Resignation, mit Angst oder der Aussicht auf eine neue Möglichkeit. Guess what to choose? Auch wenn sich nicht dabeigewesene kaum vorstellen können (siehe Kommentare), dass das sehr bewegend war, stimme ich Thomas Nagy zu. mind. blown!

Corsin Gwerder und Lukas Limacher stellten ihren instabilen stabilen Roboter Rezero vor, der für ein Master-Projekt perfekt funktioniert, Heike Bruch hatte eine zu grosse Portion Management-Theorie in ihrem Organisations-Energie-Vortrag, der mich völlig uninspiriert zurückliess. Abt Martin Werlen erzählte aus seinem Autostöppler-Leben [2] und inspirierte uns dazu, auch mal denjenigen zuzuhören, von welchen wir eigentlich nichts erwarten. Eine spannende Erscheinung, dieser Herr Werlen, bei Ihm merkte ich, dass er es gewohnt ist, vor Menschen hinzustehen und Geschichten zu erzählen. Ahnlich unispiriert wie der Vortrag über Organisations-Energie liess mich der Vortrag von Reto Ringger zurück, der erzählte, wie er eine nachhaltige Bank aufgebaut hat. Zuviele Plots um wirklich inspirierend zu sein, obwohl in der Thematik auch für mich als Bank-Agnostiker einiges möglich gewesen wäre. Bruno Giussani erzählte über die Hintergründe von TED und gab hoffentlich den anwesenden Organisatoren der TEDxBern genug Anschub um richtig durchzustarten. Wenn im Slum eine TEDx-Konferenz möglich ist, kann auch in Bern etwas (kleineres als in Zürich) organisiert werden!

Marco Tempest wurde als High-Tech-Zauberer angekündigt und hat nicht enttäuscht. Seine unglaublich nonchalante Art Magie und Computer-Technik zu verbinden hat jeden und jede im Publikum gepackt. Er hat erwähnt, mit Opensource-Software zu arbeiten, etwas was aus Zauberermund wohl nicht jeden Tag zu hören ist. Cool! Die Soziologin Margrit Hugentobler hat die Aggloase in der Umgebung von Zürich vorgestellt und spannende Ansätze zur Stadtentwicklung präsentiert. Gian Klainguti stellte Birom vor, ein Spiel vor Urzeiten von seinem Onkel konzipiert. Aus dem Vortrag war nachvollziehbar, dass das ein spannendes Spiel sein muss. Beim anschliessenden Apero gab es dann die Gelegenheit, das Spiel selber anzuspielen, was lachende Gesichter und spannende Spielminuten auslöste. So wie unten am Foto aus dem flickr-stream von TEDxZurich zu sehen ist (und dies war nicht nur bei mir der Fall). Ich hoffe, das Spiel wird bald offiziell auf den Markt kommen. Kaufen werde ich es auf jeden Fall.

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Rachel Armstrong hat ihren TED-Vortrag über selbstreparierende Architektur wiederholt, bei dem ich mir nicht ganz sicher war, ob der Vortrag auf Forschungs-Details beruht, oder eher Rückhalt in einer Ihrer ScienceFiction-Geschichten findet. Schöne Bilder waren’s auf jeden Fall.

Mindestens ebenso spannend und anregend waren auch die Gespräche und der Gedankenaustausch in den Pausen, während dem Mittagessen und am abschliessenden Apero. Auch wenn ich den gestrigen Tag am Institut als Arbeitstag verkauft habe konnte ich – wie erwartet – fachlich nichts von der TEDxZurich nach Hause nehmen, menschlich und gedanklich dafür aber umso mehr. Ein inspirierender Tag, genau nach Vorgaben der Mutterorganisation TED.

[1]: Einmal konnte ich mir einen Kommentar aber doch nicht verkneifen. Management-Bullshit ist nicht inspirierend!

[2]: Macht das nur er im speziellen oder ist das ein Benediktiner-Mönchs-Ding? Interessant ist’s auf jeden Fall

update: die aufgenommenen Talks der TEDxZurich sind jetzt auf youtube verfügbar.